Karpaltunnelsyndrom

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Wenn die Hand einschläft

Die Beschwerden, mit denen Patienten ihren Hausarzt aufsuchen, sind in den meisten Fällen auffallend gleich. In einem frühen Stadium werden Gefühlsstörungen wie Kribbeln und leichte Schmerzen des Daumens, Zeige- und Mittelfingers auf der Handinnenseite beschrieben. Nachfolgend treten deutliche Beschwerden vor allem in der Nacht auf, die die Patienten zum Aufwachen zwingen. Die Hand ist wie “eingeschlafen” und erst das Schütteln und Reiben der Hand bringt eine gewisse Besserung. Zu diesen Gefühls- und Durchblutungsstörungen kommen im Laufe der Zeit Schmerzen hinzu, die in den Unterarm, manchmal sogar bis in die Schulter ausstrahlen. Die Fingermuskulatur wird immer kraftloser und die Griffstärke, besonders des Daumens, läßt nach. Deswegen können Betroffene beim sogenannten “Flaschentest” eine Flasche mit der ganzen Hand nicht mehr vollständig umgreifen, da sie den Daumen nicht richtig abspreizen können.

Auftreten und Häufigkeit

Die beschriebenen Beschwerden deuten auf ein sogenanntes Karpaltunnelsyndrom hin, das in der medizinischen Fachsprache manchmal auch als Medianuskompressionssyndrom bezeichnet wird.
Eigentlich könnte man denken, daß es sich hierbei um eine sehr spezielle und seltene Erkrankung handelt, doch schon das Umhören im eigenen Familien- und Bekanntenkreis dürfte das Gegenteil zeigen. Verschiedene Studien haben die Häufigkeit des Karpaltunnelsyndroms untersucht und sind je nach untersuchter Alters- und Bevölkerungsgruppe zu einer Verbreitung von ca. 3 – 6% gekommen, dabei sind Frauen etwa drei bis viermal so häufig betroffen wie Männer, wobei das Auftreten der Erkrankung über einem Alter von 50 Jahren sprunghaft ansteigt (bis 20% aller Frauen). Fachleute schätzen, daß bei weiteren 5% die Erkrankung nicht diagnostiziert wird oder die Betroffenen bisher noch keinen Arzt aufgesucht haben.

Karpaltunnel?

karpaltunnel_570Was ist eigentlich der Karpaltunnel und was kann daran erkranken?
Als Karpaltunnel wird der Handwurzelkanal bezeichnet, der an der Innenseite des Handgelenks liegt und faktisch den Übergang zwischen Unterarm und Hand darstellt. Die Handwurzelknochen bilden eine halboffene Rinne, in der Blutgefäße und die Sehnen der Fingerbeugemuskulatur gemeinsam mit dem Medianusnerv verlaufen. Über den Kanal spannt sich wie ein Dach ein Bindegewebsband (Retinaculum flexorum).
Das Karpaltunnelsyndrom ist nun ein typisches Nerveneinengungssyndrom (auch Nerven-Engpass-Syndrom oder Nervenkompressionssyndrom), bei dem der Nerv durch den Druck (Kompression) des Bindegewebs- bandes geschädigt und in seiner Funktion der Versorgung der Hand mit Sensibilität behindert wird.

Ursachenforschung

Eine direkte Ursache läßt sich in den meisten Fällen nicht ermitteln. Die Häufung der Erkrankung bei Beschäftigten in bestimmten Industriezweigen und Gewerben (Fertigungsbereich, Elektrotechnik, Gastronomie, Lagerarbeit und Paketversand, Fleischerhandwerk) weist jedoch auf eine Überlastung der Hand hin, insbesondere durch gleichartige, immer wiederkehrende Bewegungen. Die dabei auftretende ständige Verlängerung bzw. Dehnung der Nerven und Sehnen führt über eine längere Zeit hinweg zu einer chronischen Entzündung, die eine Verringerung des Platzes im Handwurzelkanal, damit eine fortschreitende Kompression des Nerven und die beschriebenen Beschwerden bewirkt.
Darüber hinaus können aber auch systemische Erkrankungen wie Diabetes mellitus, Schilddrüsenüberfunktion, Amyloidose (Ablagerung von Eiweißprodukten), sowie Hormonveränderungen (Schwangerschaft, Wechseljahre, Verhütungsmittel) an der Erkrankung beteiligt sein.

Was kann man tun, um die Beschwerden loszuwerden?

Man kann zwar im Anfangsstadium einige konservative Therapiemaßnahmen versuchen (z.B. nächtliche Ruhigstellung, Vermeidung von Überanstrengung, Injektion von entzündungshemmenden Medikamenten), doch wenn die Beschwerden nicht besser, sondern im Laufe der Zeit eher schlimmer werden, kann nur eine Operation wirklich Abhilfe schaffen. Dabei wird das den Nerv einengende Band durchtrennt und wieder Platz im Handwurzelkanal geschaffen. Die Operation kann offen mit Freilegung des Haltebands erfolgen oder mit einer endoskopischen Methode (“Schlüsselloch-Chirurgie”). Oft ist dann noch am gleichen Tag eine deutliche Besserung der Beschwerden zu bemerken. Die Hand sollte dann auf jeden Fall geschont werden und der Heilungsprozeß braucht eine gewisse Zeit (4 – 6 Wochen), wobei leichte Bewegungsübungen (z.B. in einem warmen Bad) schon kurz nach der OP förderlich sind.

Titelfoto: © pgm /Pixelio

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